Stadtentwicklungssalon | Die Entwicklung der Außenflächen der Wiesenwerke

An diesem Donnerstagabend ist das Forum:Mirke erneut im dritten Obergeschoss der Wiesenwerke zu Gast. In der gläsernen Dachkuppel des Gebäudes in der Wiesenstraße 118 fand bereits der letzte Stadtentwicklungssalon am 04.11.2021 statt, der anlässlich der damals noch nur angedachten Kooperation zwischen Bestandsmieter*innen und Montag Stiftung Urbane Räume, veranstaltet wurde. Heute ist diese Kooperation ein Fakt und die Sanierung im Obergeschoss hat bereits begonnen. Ein grauer Staub überzieht den Boden des historischen Industriegebäudes und durch die milchige Glasfassade scheint das warme Licht der Abendsonne hinein. Rund 30 engagierte Bewohner*innen des Quartiers beteiligen sich an diesem Abend an der Planung der zukünftigen Außenflächen der Wiesenwerke.

Silvia Harth, Geschäftsführerin der „Urbanen Nachbarschaft Mirke“ heißt sie an diesem Abend willkommen. Gemeinsam mit den Besucher*innen, zuständigen Architekt*innen und Landschaftsgärtner*innen von „SOWATORINI“ [INSTAGRAM] sitzt sie in einem großen Kreis und führt in den Ablauf des Abends ein: Es soll um die Außenflächen der Wiesenwerke gehen. Ein bisher nur sehr spärlich genutzter Ort im Quartier, der in der Vergangenheit vor allem als umzäunter Parkplatz für Anwohner*innen und Besucher*innen ortsansässiger Einrichtungen fungierte. Heute soll diese Fläche zumindest in den Köpfen und auf dem Blatt Papier zum Leben erweckt und das Potenzial dieser Flächen konkret werden – und zwar gemeinsam mit und für die Bewohner*innen des Quartiers. Dieser Prozess wurde bereits bei der Eröffnungsveranstaltung der Wiesenwerke angestoßen. Im Rahmen eines ungezwungenen Miteinanders wurden dort erste Elemente des Zauns zur Wiesenstraße entfernt, Sitzmöbel gebaut und Blumentöpfe bemalt und bepflanzt, die die anstehende Entwicklung der Fläche schon zum jetzigen Zeitpunkt symbolisieren. Die an diesem Abend stattfindende Planung der Außenflächen bleibt allerdings nicht ungerahmt. Die Wiesenwerke formulieren schon vorab das Ziel, die Flächen zu einem Ort der Begegnung und des Austausches werden zu lassen. Dafür ist es, laut Silvia Harth, zentral, dass die Flächen sich zum Quartier hin öffnen und bisher „dunkle Ecken“, zu gemeinschaftlichen Räumen werden. Die materielle Umsetzung der Planung soll langfristig mit finanziellen Mitteln der Städtebauförderung realisiert werden. Bisher wurden deshalb schon mit Erfolg geprüft, ob die angedachten Maßnahmen sich überhaupt durch diese Mittel fördern ließen.

Nach der Begrüßungsrunde setzen sich je 10 Personen in intensiven Arbeitsgruppen konkret mit den Themen „Gemeinschaft“, „Mobilität“ und „Grünraum“ auseinander. Drei große Themen, denen sich die örtliche Bewohner*innenschaft in Quartiersentwicklungsprozessen bereits an zahlreichen Orten im Quartier widmet. Dessen Ergebnisse in ihrer Konstellation zukünftig auf den Flächen der Wiesenwerke verwirklicht zu sehen könnte das Potenzial innewohnen, tatsächlich einen Ort zu schaffen, der auf die Belange und Bedarfe im Quartier abgestimmt ist. Dabei ist allerdings stets mitzudenken, dass das Publikum dieser Veranstaltungen nur selten einem realen Schnitt der Bewohner*innenschaft des Quartiers gleicht. Sich der Quartiersentwicklung zu widmen, seiner eigenen Wirkmächtigkeit Ausdruck zu verleihen und damit nicht nur Diskurse, sondern auch materielle Gegebenheiten zu verändern, verbleibt auch heute noch ein Privileg, das Wenigen zuteilwird. Hier bleibt der Appell an Stadtentwicklungsakteur*innen, neue Wege zu gehen, um im Sinne aller auch neue Menschen für Quartiersentwicklung zu begeistern, denen diese Prozesse bisher aus diversen Gründen verschlossen bleiben. Aber zurück zu den Ergebnissen des Stadtentwicklungssalons. In den Gruppen werden in verschiedenen Konstellationen zahlreiche Ideen gesammelt, die anschließend im großen Plenum zusammengetragen werden und die Zukunft der Wiesenwerke beeinflussen könnten.

Unter der Rubrik „Gemeinschaft“ wird von der Beschaffenheit des Mobiliars bis hin zur raumübergreifenden Wirkung des Areals gesprochen. Dabei ist vor allem die Frage zentral, welche Folgen die objektive Aufwertung der Flächen für die umliegenden Räume und die Zugangsmöglichkeiten der diversen Besucher*innen hat. Schließlich ist es nicht im Sinne der Wiesenwerke, das historische Fabrikgebäude zu einem Elfenbeinturm innerhalb des Quartiers zu verwandeln. Die Teilnehmer*innen diskutieren daher, welchen Zweck die Gemeinschaftsfläche entlang der Wiesenstraße erfüllen könnte und wie sie möglichst einladend und zugänglich gestaltet werden kann. Dabei werden z.B. Wünsche nach qualitativen Aufenthaltsflächen ohne Konsumzwang, öffentlichen Toiletten, Marktflächen, einem Ort zum Boulespielen und entsiegelten Flächen geäußert.

Unter der Rubrik „Mobilität“ sammeln die Teilnehmer*innen vor allem Ideen für die geplante Durchwegung der Fläche von der Wiesenstraße zur Nordbahntrasse, über die auch die Wiesenwerke zugänglicher gestaltet werden sollen. Zentral sind an dieser Stelle selbstverständlich Stellplatzangebote für Fahrräder und ähnliches. Laut den Wünschen der Teilnehmer*innen sollen diese nicht bloß in sporadischer Bügelform gestaltet werden, sondern ähnlich der Mobilistation am unteren Ende der Wiesenstraße auch den Anwohner*innen ermöglichen, ihre Fahrräder sicher und überdacht abzustellen. Diese Idee könnte außerdem um infrastrukturelle Maßnahmen erweitert werden, die es Besucher*innen erlauben, ihre Räder zu reparieren oder mit Luft zu versorgen. Klar wird jedoch auch, dass die Durchwegung zum Verweilen einladen soll und nicht bloß als erweiterte Fahrradschnellstraße genutzt wird. Insbesondere die Konfliktstelle an der Kreuzung zur Wiesenstraße muss mit Behutsamkeit geplant werden, um eventuellen Unfällen vorzubeugen. Konkret könnte dies durch einen klug gewählten Straßenbelag oder Hindernisse umgesetzt werden. Zeitgleich sollte dabei aber auch die Barrierenreduktion mitgedacht werden, die es schließlich allen Menschen erlaubt, die Fläche und das angrenzende Gebäude zu besuchen.

Bisher hat Natur auf den historischen Industrieflächen bloß Lücken gefüllt – das soll zukünftig nicht so bleiben. Unter der Rubrik „Grünraum“ wird deshalb über die natürliche Gestaltung der Flächen rund um das Gebäude gesprochen. Die Sammlung der Ideen, die sich von Gartenflächen, über Baumhäuser, bis hin zum Kneipbecken erstrecken, eröffnet vielfältige Möglichkeiten für die Gestaltung der Flächen und das Gefühl, das von ihnen ausgehen könnte. Werden die Außenflächen der Wiesenwerke zukünftig ein urbaner Ruhe- und Erholungsraum, an dem man in einer Hängematte das löchrige Blätterdach begutachten kann? Oder doch eher zu einem trubeligen Ort, an dem Generationen in Kontakt treten und gemeinsam spielerisch ihr Umfeld erkunden? Egal wie die Planung schlussendlich ausfällt, sollte die Entscheidung keinesfalls zulasten der bestehenden Grünflächen gefällt werden.

Im Anschluss an den Workshop werden die gesammelten Ideen und Inputs von den Landschaftsarchitekt*innen auf Machbarkeit überprüft werden. Die Ideen dienen dabei als Grundlage für die anstehende Erstellung von Planungs-Szenarien für die Außenfläche, die bald im Rahmen eines zukünftigen Forum:Mirke vorgestellt werden. Mit einer Umsetzung der Ideen sollte vor 2025 jedoch nicht gerechnet werden. Nichtsdestotrotz wird es bereits zeitnah möglich sein, sich aktiv an der Raumgestaltung zu beteiligen und handwerklich aktiv zu werden. 

Die Teilnehmer*innen lassen den Abend nach dem Plenum mit Gesprächen, Getränken der Wahl und kleinen Snacks des Bahnhof Blo ausklingen. Mit dem Untergang der Sonne geht an diesem Tag ein weiterer Stadtentwicklungssalon voller Aktionismus und kreativem Ideengespinne vorüber, der wichtige Impulse für die Gestaltung unseres Quartiers mit sich bringt. Stück für Stück wachsen die Wiesenwerke somit in das Quartier hinein und schlagen Wurzeln, die andere Projekte ermöglichen und beeinflussen. Wenn ihr mehr über die Wiesenwerke erfahren wollt, oder selbst Ideen für die Außenflächen habt, findet ihr hier die Kontaktmöglichkeiten auf der Homepage [HOMEPAGE] und den Instagram-Account [INSTAGRAM]. Der nächste Stadtentwicklungssalon findet übrigens bereits am 29. Juni 2023 statt und wird sich der möglichen Entwicklung von Zukunftsflächen im Quartier widmen.

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