Supercargo | der erste Lastenradladen Wuppertals eröffnet im Quartier Mirker
Als ich am Nachmittag des 19. Juni 2019 mit dem Fahrrad die Wiesenstraße hinunterrolle ist mir nicht bewusst, was mich erwartet. Mein Ziel ist die Eröffnungsfeier des neuen Geschäfts „Supercargo“. Am Laden angekommen gerate ich mitten in das Konzert der Wuppertaler Band „Belakongo“, die fleißig den Bürgersteig in eine lebendige Bühne verwandelt. Ein Meer von Fahrrädern in allen Formen und Farben stehen auf den Parkplätzen vor dem Geschäft. Zwischen ihnen Menschen, die sich unterhalten, lachen und das ein oder andere Getränk zu sich nehmen. Darunter einige bekannte Gesichter der „Mirka Schrauba“, Fahrradaktivist*innen und unter anderem der Oberbürgermeister Andreas Mucke. Immer wieder starten skurrile Lastenräder ihre Tour um den Block und werden jubelnd empfangen. Zwei Kinder nehmen auf der Ladefläche eines Rads platz und breiten lachend die Arme aus während sie über den Asphalt fliegen. Anwohner*innen und Passant*innen verweilen auf dem Bürgersteig und bestaunen das Spektakel. Was eine Atmosphäre!
Lebendiger durfte ich die Wiesenstraße bisher noch nicht erleben. Die Stimmung ist aufbruchsreif und wenn man das Geschehnis von Oben betrachtet, dann scheint die Verkehrswende gleich durch die Tür zu brechen. Aber diese Wende als abgeschlossen zu deklarieren bedarf noch einer Menge Arbeit. Tobias Maria Freitag (57), Inhaber des neuen Lastenradgeschäfts „Supercargo“, liebevoll auch Tosta genannt, leistet mit diesem Projekt seinen ganz persönlichen Beitrag in Richtung aktive Verkehrswende!
„Supercargo schafft Tatsachen und Möglichkeiten.“ so Tobias Maria Freitag.
Am darauffolgenden Montag, nachdem der erfreuliche Trubel vorbei ist, treffe ich mich mit Tobias, um mehr über seine Beweggründe und das Konzept seines Ladens zu erfahren. Der Siebenundfünfzigjährige ist stadtbekannter engagierter Bürger rund um die Themen Mobilität und Nachhaltigkeit. Seit Jahren verfolgt und treibt Freitag die Wuppertaler Verkehrswende voran. Doch ihm fiel vor knapp zwei Jahren auf, dass es in der Stadt an reellen Möglichkeiten fehlt, diese praktisch umzusetzen. Was passiert wenn ich mich gegen das Auto und für das Fahrrad entscheide, trotzalledem meine Kinder von Kindergarten abholen und die Einkäufe nach Hause bringen muss? Richtig, ich greife zur Alternative „elektromotorisiertes Lastenrad“. Bisher gab es im Städtedreieck nur vereinzelt die Möglichkeit Lastenräder zu erwerben. „Supercargo“ schafft mit seiner Existenz Tatsachen und Möglichkeiten – Tobias‘ ganz persönlicher Beitrag zur Verkehrswende.
„Supercargo“ stellt damit den ersten reinen Lastenradladen in der Talstadt dar. Und das kommt nicht von irgendwoher. Motorisierte Lastenräder eröffnen Möglichkeiten, die die eines normalen Fahrrads bei weitem überschreiten. Exemplarisch ist das in Wuppertal bereits am „Cleanchen“, „Fienchen“ und den Aktionsvideos des Wuppertaler Fahrradbloggers „Talradler“ zu sehen. Umzug ohne Auto? Na klar! Entschuldigungen wie „Wuppertal ist mir zu bergig zum Fahrradfahren“ oder „Wie soll ich die Einkäufe nach Hause bringen?“ werden damit hinfällig, wie auch Andreas Mucke in der Ansprache für die Aktion „Stadtradeln“ erwähnte. Neben der reinen Beratung zum Verkauf der Räder, richtete Tobias eine Werkstatt in seinem Geschäft ein, die extra für die Wartung von schweren Lastenrädern ausgelegt ist. Aber das Geschäft ist weit mehr als ein bloßes Geschäft. Tobias, als engagierter Bürger, möchte einen Ort der Weiterentwicklung der Mobilitätskultur schaffen, platz- und spritfressende Autos von den Straßen verbannen, in seiner Rolle als „Bürgerwissenschaftler“ rund um das Thema Mobilität forschen und als Stimme für die Verkehrswende wirken.
„Hier ist es einfach unerwartet, unglaublich kiezmäßig.“ so Tobias.
Warum eröffnet Tobias den Laden gerade hier, im Quartier Mirke?
Bei der Wahl des Standortes war es ihm besonders wichtig, an eine bestehende Aktivität innerhalb des Quartiers anzustoßen. Achzig Meter entfernt vom Laden wird die zweite Wuppertaler Fahrradstraße entstehen, initiiert durch das Engagement des „Forum:Mirke“ sowie der „Mobilen Mirke“. Was ein Ort für ein Fahrradgeschäft! Nachdem er die Räumlichkeiten des ehemaligen Kiosks auf der Wiesenstraße entdeckt hat, geht alles ganz schnell. Gemeinsam mit Freund*innen wird der Laden mit viel Schweiß und Herzblut renoviert. Bereits währenddessen wird Tobias klar, dass dies nicht bloß irgendein Ort ist. Er ist belebt und fast schon kiezmäßig! Täglich nehmen Passant*innen auf den Fensterbänken vor dem Ladenlokal platz, ruhen sich aus und quatschen miteinander. Bereits so kurz nach der Eröffnung erfährt Tobias eine wunderbare Nachbarschaft und die Anwohner*innen des Quartiers freuen sich darüber, dass etwas geschieht. Etwas Neuartiges, das den Alltag belebt.
Einen Haken hat das Ganze jedoch. Elektromotorisierte Lastenräder bekommt man selten geschenkt. Wer sich selbst für ein Lastenrad entscheidet, muss mindestens 3500€ im Gepäck haben, um eines der beliebten Spezialrädern zu erwerben. Aber ein Lastenrad ist eben auch nicht mit einem normalen Fahrrad, sondern vielmehr mit einem Kleinwagen vergleichbar. Dazu kommt, wie Tobias bei der Eröffnung von „Supercargo“ auf der Ladefläche eines Lastenrads stehend mitteilt, dass das Land NRW motorisierte Lastenräder mit einer finanziellen Förderung von 1000 Euro für Privatleute und bis zu 2100 Euro für gewerbliche Betriebe unterstützt. Des weiteren gibt es inzwischen die Möglichkeit, Lastenräder, wie bei dem Modell eines Dienstwagens, als Diensträder zu leasen. Tobias steht bei der Beantragung dieser Gelder, sowie bei der Beratung über mögliche Vorgehensweisen tatkräftig zur Seite. Außerdem gibt es vor Ort die Möglichkeit die einzelnen Modelle Probe zu fahren, und zwar nicht bloß ein mal um den Block. Tobias ist es wichtig, dass seine Kund*innen das Rad im alltäglichen Gebrauch nutzen, damit sie sich darüber im Klaren sein können, ob das Rad für ihre alltägliche Aufgaben zugeschnitten ist. Damit können Bedenken, wie Abstellmöglichkeiten, Tauglichkeit auf dem Arbeitsweg oder der Transport von Lasten, beseitigt werden.
„Supercargo“ stellt mit all seinem Tun und Machen eine unglaubliche Chance für das Quartier und ganz Wuppertal dar. Die Chance die Verkehrswende aktiv voranzutreiben und somit einen urbanen Raum zu erschaffen, der Lebensqualität in den Vordergrund stellt. Eine Stadt voller Platz für Bürger*innen und nachhaltiges Leben.
Falls du mehr über „Supercargo“ und Tobias Maria Freitag erfahren möchtest, oder selbst an einem Lastenrad interessiert bist, dann statte dem Ladenlokal auf der Wiesenstraße doch einfach mal einen Besuch ab. Regulär ist der Laden jeden Samstag von 10 Uhr bis 16 Uhr geöffnet. Tobias ist aber ebenso offen für persönliche Terminvereinbarungen. Du erreichst ihn via Telefon, Email, Facebook und über seine Homepage.
Hey Tobias rufe mich mal bitte an wichtig
Hey Sascha,
Tosta erreichst du am einfachsten via Mail oder Facebook!