People Pong | Spielen für mehr Gemeinschaft

Bereits am vergangenen Samstag (17. Februar 2024) konnten Passant*innen und Nachbar*innen auf dem Grundstück der Wiesenwerke [Link] ein visuelles Spektakel erleben. Menschen schoben leuchtende Würfel über den dunklen Vorplatz, während auf der benachbarten Hauswand eine Fläche projiziert wurde, auf der gelbe Kästchen einen Ball davor bewahrten, das Spielfeld zu verlassen. Grund für diese ungewöhnliche Szenerie ist das Projekt „People Pong“ von Marvin Link. Als Masterstudent des Public Interest Design möchte er mit dem Projekt spielerisch Momente der Begegnung im Quartier schaffen. 

Marvin Link ist studierter Mediendesigner und realisiert das Projekt „People Pong“ im Rahmen seines Masterstudiums des Public Interest Design an der Bergischen Universität Wuppertal. Im Zentrum des Masterstudiums steht dabei die Auffassung, dass Design nicht bloß der Ästhetik dienlich ist, sondern darüber hinaus auch einen Einfluss auf die Gestaltung der Gesellschaft nehmen kann. Im Rahmen des Studiengangs wurden bereits zahlreiche vollkommen unterschiedliche Projekte im Quartier umgesetzt – People Pong ist eines von ihnen.

People Pong ist kein schweres Spiel. Auf dem Spielfeld, in diesem Falle der Fläche vor den Wiesenwerken, stehen mehrere warm leuchtende Würfel, die sich über den ehemaligen Parkplatz rollen lassen. Werden die Würfel bewegt, so bewegen sich simultan auch ihre virtuellen Doppelgänger auf der benachbarten Hauswand. Dort ist zusätzlich ein virtueller Ball zu sehen, der von den Würfeln abprallt. Ziel des Spiels ist es durch geschicktes Verschieben der Würfel zu verhindern, dass der Ball das Spielfeld verlässt. Was auf den ersten Blick simpel erscheint, gestaltet sich in Wirklichkeit etwas schwieriger – denn es ist unmöglich People Pong alleine zu bestreiten. Zu groß ist das Spielfeld, zu zahlreich sind die Würfel, die verschoben werden müssen. Erst wenn Mitspieler*innen sich der Bewegung der anderen Würfel widmen, kann es durch ein geschicktes und kooperatives Miteinander gelingen, den Ball langfristig im Spielfeld zu halten. Und die Moral der Geschichte? Zusammen ist (fast) alles leichter!

Im Gegensatz zu vielen anderen Spielen wurde People Pong allerdings nicht bloß zum Spaß ins Leben gerufen, sondern fungiert auch als Antwort auf gesellschaftliche Entwicklungen. Link betont, dass Menschen als soziale Wesen Erfahrungen von Gemeinschaft brauchen, die gerade in den letzten Jahrzehnten immer seltener wurden. Gründe dafür sind etwa Vereinsamung und Entfremdung, die von der Tendenz begleitet werden, sich eher in das Private zurückzuziehen, statt gesellschaftliche Antworten zu finden. Dieser Mangel an Gemeinschaft wirkt sich nicht nur auf unser persönliches individuelles Wohlbefinden aus, sondern auch auf das Funktionieren unserer Demokratie. Statt den zum Scheitern verurteilten Versuch zu wagen, besagte Probleme in ihrer Gänze anzugehen, reduziert People Pong seinen eigenen Einflussbereich auf die Nachbarschaft bzw. das Quartier – irgendwo müssen wir schließlich anfangen.

Die Nachbarschaft wird dabei allerdings nicht bloß als Ansammlung von Menschen verstanden, die sich durch eine geteilte räumliche Verortung definiert, sondern als Gemeinschaft, die einen Lebensraum und Bedürfnisse teilt, und sich daher durch ihre Interaktion gegenseitig befähigen kann. Nur wenn People Pong von mehreren interagierenden Personen mit unterschiedlichen Fähigkeiten und Vorlieben gespielt wird, kann es sein Potenzial entfalten. Die Stärke dieser Annäherung ist, dass Nachbarschaft dabei nicht als harmonisches Miteinander romantisiert wird. Als Nachbar*innen müssen wir nicht alle befreundet sein und/oder die gleichen Meinungen teilen. Wir müssen einen Modus der Verantwortungsübernahme schaffen, der anerkennt, dass wir uns alle gegenseitig zu dem machen, was wir sind. Als Mitspieler*innen, wie auch als Nachbar*innen, verfolgen wir das gleiche Ziel: ein gelingendes Miteinander durch geteilte Interaktionen hervorbringen. People Pong will all dies unterschwellig anregen und spielerisch Begegnungen mit anderen Menschen aus dem Quartier schaffen.

Und das funktionierte am vergangenen Wochenende bereits ziemlich gut. Link berichtet, dass bis zu zwanzig Menschen gleichzeitig den Ball davor bewahrten, das Spielfeld zu verlassen. Viele der Nachbar*innen sind von der Spielmechanik und den visuellen Impressionen fasziniert. Der zu toppende Highscore liegt derzeit bei 166. Link vermutet jedoch, dass der ungewöhnlich hohe Rekord auch auf anfängliche technische Schwierigkeiten zurückzuführen ist, die die Ballgeschwindigkeit verlangsamten. Die technischen Mängel sind jedoch inzwischen beseitigt. Der Auftakt der Veranstaltung musste aufgrund der widrigen Wetterverhältnisse von Freitag auf Samstag verlegt werden, doch das Wetter scheint an diesem Wochenende vielversprechend zu sein.

People Pong verschreibt sich dem Versuch unserer Gemeinschaft, dessen Teil wir alle sind, wieder etwas Leben einzuhauchen. Mithilfe spielerischer Mittel schafft People Pong niederschwellig Raum für nachbarschaftliche Begegnungen und initiiert damit auch neue Anfangspunkte. Solche die wir als Nachbarschaft weiter spinnen müssen, um der Entfremdung und Vereinsamung entgegenzuwirken. Wenn auch du dir den Spielspaß nicht entgehen lassen möchtest, hast du heute, am Samstag, dem 24.02. von 18-21Uhr bei den Wiesenwerken noch einmal die Möglichkeit das zu tun. Weitere Ausgaben sind aktuell noch nicht geplant. Weitere Informationen erhältst du hier auf der Homepage des Projekts [Link] und hier auf Instagram [Link].

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