Viertel-Flohmarkt | Das Quartier lädt in seine Hinterhöfe ein

Flohmärkte sind vergängliche Räume, in denen Menschen sich begegnen und Tauschgeschäfte eingehen. Abseits der Praxis herkömmlicher Konsumräume wird Objekten hier ein zweites Leben gewährt und sichergestellt, dass sie für einen überschaubaren Obolus in gute Hände weitergereicht werden. Dass so etwas im Mirker Quartier funktioniert, haben schon zahlreiche Beispiele, wie etwa das Viertelfest der Alten Feuerwache in der Alten Glaserei und der Trödelmarkt in Utopiastadt anlässlich der Räumung des ehemaligen Wartesaals 1. Klasse gezeigt. Am Sonntag, dem 13. August 2023 fand nun der erste Viertel-Flohmarkt im Mirker Quartier statt und wir waren natürlich auch dabei!

Insgeheim ruft das Quartier Mirke schon lange nach einem gebürtigen Stadtteilfest. Doch bürokratische Prozesse und der enorme Aufwand der Planung machen dem Vorhaben schon vorab einen Strich durch die Rechnung. Dieses Dilemma umgehen die Organisator*innen des Flohmarkts im Quartier durch einen einfachen Kniff. Statt das Fest auf die Straße zu verlegen, räumen die Anwohner*innen ihre privaten Einfahrten, Hinterhöfe und Gärten frei und laden Nachbar*innen zum gemütlichen Bummeln in die eigenen vier Wände ein. Das verringert den Organisationsaufwand enorm und schafft gleichzeitig die Gegebenheit, dass es nicht nur eine*n Gastgeber*in gibt, sondern die ganze Nachbar*innenschaft zu solchen wird.

Angestoßen wurde die ganze Idee von Florian Fuchs. In einem Gespräch mit Karo, Katha und Cathy, die bereits 2022 den ersten Viertel-Flohmarkt im Brill organisierten, wurde er auf das Konzept aufmerksam und begab sich gleich mit Unterstützung durch Freund*innen und Bekannte an eine Umsetzung im Quartier. Dabei kam Fuchs mit seinen Nachbar*innen ins Gespräch, quatschte Anwohner*innen auf der Straße an und holte sich Jacob Economou ins Boot. Der Kommunikationsdesigner, der übrigens auch diese Seite hier entworfen hat und fortwährend pflegt, erstellte ein Design für den Flohmarkt, setzte eine Homepage samt Karte auf und schuf somit die Möglichkeit, Nachbar*innen einzuladen, die ansonsten nicht über persönliche Kontakte erreicht werden konnten. Innerhalb weniger Wochen meldeten sich so über 45 Orte, an denen Nachbar*innen ihre Verkaufsstände eröffneten. Jetzt musste nur noch das Wetter mitspielen.

Und das tat es. Bei blauem Himmel und sommerlichen Temperaturen zeigte sich das Quartier von seiner besten Seite. Auf dem Utopiastadt Campus kam durch das wilde Gewusel, die musikalische Begleitung und den Trödelmarkt regelrechte Festival-Stimmung auf. Hier bekamen Besucher*innen die Möglichkeit, Mobiliar aus dem historischen Wartesaal 3. Klasse zu durchstöbern, Waffeln zu essen, Fahrräder der Mirker Schrauba zu erwerben und eine Runde Supagolf zu spielen. Wenige hundert Meter westlich stellten die Wiesenwerke auf ihren Außenflächen Platz für zwölf Stände von Anwohner*innen bereit. Auf dem Hinterhof des Café Ada, mitten im Insel Kulturgarten ging es etwas gemütlicher zu. Einzelne Privatpersonen verkauften hier ein Sammelsurium an Kinderkleidung und weiterem Trödel. 

Aber auch abseits der etablierten Orte im Quartier gab es etwas zu erkunden. Die Hinterhöfe des Quartiers erzählen dabei ebenso viele individuelle Geschichten, wie sie Eigenheiten offenbaren. Sie sind die Räume, in denen sich das nachbarschaftliche Leben auf eine ganz intime Weise abspielt und das wahrhaftige Abbild eines Quartiers zu entdecken ist. In einigen von ihnen eröffnen sie Besucher*innen kleine grüne Oasen (inkl. Springbrunnen), die einen Tupfer Natur in den ansonsten eher grauen urbanen Raum bringen. Andere hingegen beherbergen dem Verfall überlassene historische Industriegebäude, die Einblicke in die Vergangenheit des Quartiers gewähren. Einige der Hinterhöfe verwandelten sich sogar in kleine Pop-Up-Cafés und boten Besucher*innen die Möglichkeit, Kaffeegetränke, kleine Speisen oder Cocktails zu genießen. Diese Orte mit einem solchen Leben zu füllen, schafft ganz eigene Synergien und eine Stimmung, die das Quartier bis dato nicht kannte. An diesem Tag zeigte sich erneut, wie wertvoll die Nachbar*innenschaft sein kann und welche Wirkungskraft ihr inne liegt, wenn sie kollektiv erlebt wird. Denn Tage wie diese achten nicht darauf, ob Besucher*innen Zeit für Engagement, Geld für Konsum oder vermeintlich funktionales Wissen haben. Heute konnten Menschen einfach Nachbar*innen sein und das Quartier in vollen Zügen genießen. Gemeinsam schlenderten sie vom Trödelfieber getrieben von Hinterhof zu Hinterhof und lernten ganz nebenbei Orte kennen, die einem im Alltag zumeist verschlossen bleiben. 

Vielleicht ist das einer dieser Startschüsse, einer dieser ersten Momente, die zukünftig dazu beitragen werden, dass sich auch im Mirker Quartier ein gebürtiges Viertelfest entwickeln wird. Wir hoffen sehr darauf und freuen uns bereits auf das nächste Jahr! Dann hoffentlich mit einem größeren Organisationsteam im Rücken, das Florian Fuchs und Jacob Economou unter die Arme greift – Danke für euer Engagement. Anbei eröffnen wir euch noch ein paar weitere Impressionen des vergangenen Viertel-Flohmarkts.

2 Kommentare

  • Hah! Da ist ja mein Toto&Harry Autogramm. Wurde im übrigen nicht verkauft. Wird aber beim nächsten Flohmarkt hier bei uns im Viertel bestimmt wieder angeboten.

    Überhaupt: Das war wirklich eine wunderbare Veranstaltung, wir hätten nicht mit so vielen und netten Leuten gerechnet. Nächstes Mal sind wir gerne wieder dabei. Und wenn ihr Orga Unterstützung benötigt: Drop me a note.

    Grüße aus der Wiesenstraße

  • Hey Christian,
    mussten kurz schmunzeln als wir das Autogramm entdeckt haben!
    Auch wir hoffen auf ein nächstes Jahr und werden uns dann frühzeitig melden, um Leute für die Organisation zu akquirieren 🙂

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