Resonanzen | eine Ausstellung von Christine Mühlberger und le dudds im Café ADA

Am Anfang steht die Resonanz. In Form einer Reaktion ist sie die impulsgebende Antwort auf das Daseiende. Insbesondere der künstlerischen Schaffensprozess ist daher vollumfänglich und implizit. Schaffen ist immer Reaktion, ist immer Antwort, ist immer Resonanz auf das, was ist. Kein Wunder also, dass ein solch formgebendes Wort im Mittelpunkt der Kollaboration zweier Wuppertaler Künstler*innen steht: Christine Mühlberger und le dudds. In einem symbiotischen Prozess arbeiteten sie über die letzten Monate an gemeinsamen Werken und inspirierten sich gegenseitig. Das Endergebnis ist momentan im Café ADA [LINK Homepage] zu besichtigen. Wir haben uns mit den Künstler*innen verabredet, um mehr über die Zusammenarbeit und Resonanzen als Konzept zu erfahren.

Christine Mühlberger und le dudds im Café ADA | Foto von Wolf Sondermann

Christine Mühlberger alias amble.arts ist eine Wuppertaler Künstlerin, die ihr künstlerisches Schaffen auf das Ziehen einzelner Linien reduziert. Ihre Linie „schlendert“ (eng: amble) über das weiße Blatt Papier und schafft abstrakte Figuren und Formen. Sie ist formgebend. Ihr Spiel, dessen Essenz und ihre spontane Einzigartigkeit steht nicht zur Debatte. Mühlberger schafft dabei keine Kunst, um die Welt zu verändern, sondern begreift ihre Arbeit voll und ganz als kreativen Prozess. Deswegen stehen hinter ihren Bildern nur selten tiefergehende Ideen. Sie sind schlicht Ausdruck von Empfindungen, in die Betrachter*innen hineinlesen können, was sie wollen.

le dudds, dessen bürgerlicher Name zwar nicht unbekannt ist, er ihn jedoch nicht gerne in den Vordergrund seiner Arbeit stellt, ist Kalligraffiti-Artist. Was das bedeutet? In seinen Arbeiten verbindet er klassische Kalligrafie- mit modernen Graffiti-Techniken und schafft somit seine ganz eigene Art und Weise des Ausdrucks. Wer vor den Bildern des Wuppertaler Künstlers le dudds steht, der beginnt zu lesen und wird nichts verstehen. Denn wenn er schreibt, dann schreibt er kein einziges Wort und doch so viele. Er begreift sein künstlerisches Schaffen als ein Prozess der Entwicklung einer Sprache seiner Gefühle.

Zwei Wege der Kunst treffen aufeinander | Foto von Wolf Sondermann

Wie treffen nun zwei solch unterschiedliche Künstler*innen aufeinander? Und welche neuartigen Elemente entspringen aus ihrer Kollaboration? Die beiden lernten sich bei einer gemeinsamen Ausstellung im Rahmen der WOGA 2021 in den Breuer-Höfen kennen und entschieden sofort, dass sie zukünftig gerne gemeinsam arbeiten wollen. Aus dieser Begegnung und dem Wunsch ging die Ausstellung »Resonanzen« hervor, die zum jetzigen Zeitpunkt im Café ADA auf der Wiesenstraße zu besuchen ist. Kunst schaffen ist in den meisten Fällen keine bloße Abhandlung einer Anleitung. Vielmehr lebt Kunst von Muße, von Improvisation und Gefühl, und somit auch von individuellen Abläufen, die Kunstschaffende durchlaufen und konstruieren. Wenn diese verkörperten Cluster aufeinander treffen, dann ist der Moment des Aufprallens in jedem Fall ein interessanter – aber längst nicht immer auch ein produktiver. Bei Christine Mühlberger und le dudds hingegen war es ein wahrer Volltreffer. Nicht nur die menschliche Sympathie spielte dabei eine Rolle, sondern auch ein symbolischer Schaffensprozess, der die Zusammenarbeit der beiden Kunstschaffenden ausmacht und ein symbiotisches miteinander erschafft. Und das, obwohl die beiden komplett unterschiedliche Herangehensweisen an ihr eigenes Schaffen verfolgen. Während Christines „one-liner“ in den meisten Fällen von einer gewissen Referenz ausgehen, verfolgt le dudds einen impulsiven und emotionalen Ansatz. Die Impressionen fließen also in Christines Hand, um wieder aus ihrer Hand hinauszufließen. Aus le dudds hingegen plätschert es nur so heraus. Eher impulsiv oder vielmehr inspiriert – die Kollaborationen zeigt eine Bandbreite an Arbeiten der Künstler*innen. Im Zentrum dessen steht ein Werk, dass die beiden Kunstschaffenden gemeinsam erarbeitet haben. Ein Bild, das einer Gleichzeitigkeit der Erarbeitung durch beide Künstler*innen entspringt. In einem materialisierten symbolischen Aushandlungsprozess begegnen sich so zwei Herangehensweisen und Stile der Kunst, komplimentieren, verdecken und erschaffen sich neu. Ihnen gleich ist das Spiel mit der Linie: mal schlendert sie und scheint nie zu enden, mal ist sie von ihrer Spontanität gezeichnet, mal von abstrakter Rohheit und Unvollendung. Diese Aushandlung spielt sich letztendlich nicht bloß auf der materiellen Ebene ab, sondern impliziert zeitgleich einen Kennenlernprozess des*der anderen Künstler*in und der Art und Weise des eigenen Kunstschaffens. 

Das vorläufige Ergebnis dieses Prozesses ist/sind »Resonanzen«. Dass die Ausstellung gerade im Café ADA [LINK Homepage Q:M] stattfindet, ist übrigens keine bloße Willkür. Christine Mühlberger war schon immer von dem Raum und den Wänden fasziniert. Als ihr dann die Möglichkeit eröffnet wurde, tatsächlich das ADA zu bespielen, war für sie sofort klar, dass le dudds mit ihr ausstellen sollte. Der Raum ist also eine maßgebende Instanz im Schaffensprozess der Werke. Diese Nuance spiegelt sich wiederum auch in der Entwicklung von Christine Mühlbergers Kunstwerken ab. Während sie vor knapp zwei Jahren noch kleine Formate bespielte, wuchsen die Blätter mit den größer werdenden Wänden, an denen sie hingen. Eine solche kollektive Ausstellung heißt immer mehr als die bloße Addition zweier Arten der Kunst. Sie schaffen vielmehr eine Verschränkung beider Arten und ist somit selbst Neues und Einzigartiges. Für die beiden Kunstschaffenden wurde diese Verschränkung über den Schaffensprozess auch im Hinblick auf die Resonanzen zur Ausstellung deutlich. Die Betrachtung der Ausstellung bedarf Hingabe, eröffnet aber beiden Künstler*innen der Zugang zu neuem Publikum, was eine Vielzahl von neuartigen Betrachter*innenpositionen mit sich bringt. 

Eine weitere Analogie, die die beiden Künstler*innen teilen, bezieht sich auf den Ursprung ihres künstlerischen Werdens. Das Künstler*innendasein ist maßgeblich davon geprägt, die geschaffenen Werke auch zugänglich zu machen – Kunst muss also präsentiert werden, sonst verbleibt sie im Privaten und wird ihrer gesellschaftlichen Wirkmächtigkeit entzogen. Für beide Künstler*innen ist dieser Übergang in das Dasein als ausstellende*r Kunstschaffende durch einzelne Personen initiiert worden. Im Falle von Christine Mühlberger war es ihre Freundin Marina, die als antreibender Motor wirkte. Sie war die Person, die das Potenzial Mühlbergers Arbeit erkannte und aus Hobby Berufung werden ließ. Auch le dudds Arbeiten mussten erst von einer einzelnen Person entdeckt werden, um sie endlich aus dem Privaten hervorzulocken: Maik. Im Rahmen seiner ersten Ausstellung auf dem einjährigen Geburtstag des LOCHs schrieb le dudds so lange mit schwarz auf eine weiße Wand, bis sie schwärzer nicht hätte sein können, nur um anschließend mit weißer Schrift das Schwarz zu verdecken. Am Anfang ein symbolischer, schöpferischer und zerstörerischer Prozess. Am Anfang die Resonanz. 

Christine Mühlberger und le dudds vor dem Café ADA | Foto von Wolf Sondermann

Die Ausstellung »Resonanzen« wird vermutlich noch bis Ende August zu besuchen sein. Immer im Rahmen der Öffnungszeiten des Café ADA ab 17 Uhr. Und außerdem konnten wir glücklicherweise in Erfahrung bringen, dass die Ausstellung vorerst nicht die letzte Zusammenarbeit von Christine Mühlberger und le dudds gewesen sein wird. Genaueres eröffneten uns die beiden leider nicht. Wir bleiben gespannt! Ansonsten solltet ihre beide Künstler*innen unbedingt auf Social Media verfolgen. Christine Mühlbergers Arbeiten findet ihr hier [LINK INSTAGRAM] und le dudds arbeiten hier [LINK INSTAGRAM].

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