Beteiligungsworkshop: Umgestaltung des Vorplatzes am Mirker Bahnhof | ein Nachbericht
Der ehemalige Bahnhof Mirke, heute Utopiastadt, ist in den vergangenen Jahren immer weiter zu einem Zentrum der Kultur und Freizeit im Quartier Mirke geworden. Wochenende für Wochenende nutzen tausende Wuppertaler*innen und Bewohner*innen der umliegenden Städte diesen Ort als Zugangspunkt für die Nordbahntrasse, Ort der Kultur, des Schaffens, des Ehrenamts und des gemütlichen Zusammenlebens. Umso schöner ist es, dass Utopiastadt es inzwischen geschafft hat über die Städtebauförderung NRW, sowie private Sponsoren, Mittel zu akquirieren mit denen das denkmalgeschützte Gebäude ab Ende 2019 saniert werden kann. Während weitere Flächen des so genannten „Utopiastadt Campus“ erschlossen werden, bleibt aber ein Teil des gesamten Erscheinungsbildes außen vor. Der Vorplatz vor dem ehemaligen Bahnhof Mirke.
Einst erstrahlte der Vorplatz als öffentlicher Platz der als Eingangstor zum damals modernen Bahnhof fungierte. Inzwischen ist von dem alten Glanz nur wenig zu sehen. Die historische Mauer entlang der Mirker Straße gleicht einem wild bewachsenem Beet und das Kopfsteinpflaster ist an einigen stellen mit brüchigem Asphalt überzogen. Die Flächen dienen als Abstellfläche für die PKWs der Besucher*innen und Bewohner*innen. Kein Ort an dem man sich gerne aufhält. Doch das soll in den kommenden Jahren geändert werden.
Die Stadt Wuppertal wird die historische Mauer, sowie den angrenzenden „Parkplatz“ von dem bisherigen Besitzer, der Firma Aurelis, abkaufen und neu gestalten. Das Ganze soll bereits in der ersten Hälfte der Dekade 2020 geschehen. Im Rahmen der Planung der Umbauarbeiten, lud das Ressort Stadtentwicklung und Städtebau und die Stabsstelle Bürgerbeteiligung und Bürgerengagement der Stadt Wuppertal zu einem Beteiligungsworkshop ein. Rund 60 Interessierte kamen der Einladung nach und versammelten sich am Donnerstag, dem 11. Juli im ehemaligen Wartesaal 3. Klasse in Utopiastadt.
Nachdem Clara Utsch, Mitarbeiter*in der Stabstelle Bürgerbeteiligung und Bürgerengagement der Stadt Wuppertal, die Besucher*innen willkommen hieß, führte sie kurz in den Ablauf des Abends ein. Daraufhin stellte Dieter Bieler-Giesen, Mitarbeiter*in des Ressort Stadtentwicklung und Städtebau der Stadt Wuppertal, die Gegebenheiten, sowie die Themen vor, bei denen die Besucher*innen maßgeblich mitentscheiden können. Laut dessen Aussage wird der Vorplatz in zwei Bauabschnitten saniert. Im ersten Halbjahr 2021 soll die historische Mauer- und Treppenanlage, sowie die danebenliegende Grünfläche saniert werden. 2022/2023 wird dann der Rest des bisherigen Parkplatzes samt Fahrbahn saniert und umgestaltet. Da östlich des Vorplatzes ein gewerbliches Unternehmen verortet ist, muss auch nach der Umgestaltung eine Fahrbahn (Breite 5,5 m) in den Vorplatz integriert werden. Diese Fahrbahn muss laut dem Denkmalschutz nicht komplett aus Kopfsteinpflaster bestehen, jedoch ein großer Teil dessen. Die Parkplätze hingegen werden durch die finanziellen Mittel des Städtebauförderungsprogramms nicht finanziert und werden dementsprechend entfallen. Viele der Besucher*innen reagieren darauf empört. Da die Parksituation im Quartier bekanntlich sehr eingeschränkt ist und durch weitere Umbaumaßnahmen, wie die Fahrradstraße „Friedrichstraße“, auch weiterhin verknappt wird, fragen sich Bewohner*innen wo sie in Zukunft ihre Autos abstellen können und dürfen. Auch der Aspekt, dass das parken vor Utopiastadt schon immer nur geduldet wurde ändert nichts an dem Parkplatzmangel. Die Stadt darf die Bürger*innen in diesem Belangen nicht alleine lassen und muss sich in Kooperation mit den Anwohner*innen auf eine zufriedenstellende Konzeption der mangelnden Parkplätze einigen. Im Angesicht einer gewollten Mobilitätswende wird dieses Thema auch in Zukunft einen heißen Draht zwischen Stadt und Bürger*innen darstellen. Doch an diesem Abend soll es nicht bloß um den Wegfall von Parkplätzen gehen. Im Rahmen der Sanierungsarbeiten werden neben der Umgestaltung der Fahrbahn außerdem Grünflächen gerodet werden müssen. Diese drohen, auf Grund der unmittelbaren Entfernung zum Mauerwerk, auf die Straße zu kippen wenn dieses saniert wird.
Nachdem die Gegebenheiten geklärt wurden, teilen sich die Besucher*innen selbstständig in Kleingruppen ein. Sie haben die Möglichkeit, mit Anleitung durch eine*n Moderator*in, den Ort zu besichtigen um anschließend Wünsche und Vorstellungen zu visualisieren und formulieren. Von der Stadt bereitgestellte „Planerfragen“ dienen als Leitfaden für die Erarbeitung der Konzeptionen. Anschließend werden die Ergebnisse von den Moderator*innen im Plenum vorgestellt.
Bei der Vorstellung werden extrem viele Möglichkeiten der Umgestaltung des Vorplatzes deutlich. Viele davon gehen aber in eine ähnliche Richtung und drehen sich rund um die Thematik der Schaffung eines Ortes des Ruhe für das Quartier. Ein Ort der Lebensqualität schafft und Raum birgt in dem man sich gerne aufhält. Zum Beispiel durch die Erweiterung von Gastronomie und Sitzmöglichkeiten wie z.B. Hängematten und Picknicktische. Achim Konrad, Mitarbeiter*in bei Utopiastadt, wünscht sich eine Schaukel mit der man über die Mauer in Richtung Sichtachse „Friedhofskirche – Uni“ schaukeln kann – einfach mal die Beine baumeln lassen während man den populärsten Blick des Quartiers genießt. Vielleicht könnte man diese Idee in einen Niedrigseilgarten integrieren. Des weiteren wünschen sich die Interessierten einen grünen Ort der Raum für Natur schafft. Während bei den Sanierungsarbeiten so einige Bäume und Büsche weichen müssen, könnte man diese durch Obstbäume und „essbare Hochbeete“ ersetzen. Es soll eine Grünfläche mit „Picknickcharakter“ entstehen. Außerdem sollte die Stadt noch einmal genau prüfen ob wirklich alle Bäume gefällt werden müssen. Aber auch die bisherige Parkplatzfläche soll beruhigt werden. Durch die Schaffung der Tatsache, dass dieser Ort kein Parkplatz mehr sein wird, entsteht eine unvorstellbar große Menge Platz. Diese Fläche soll in möglichst großen Teilen mit altem Kopfsteinpflaster gepflastert werden. Um Fahrradfahrer*innen ein weniger holprige Fahrt zu ermöglichen, könnte ein Teil der 5,5m Fahrbahn beigeschliffen werden. Damit kann eine ästhetisch ansprechende, jedoch nützliche Fahrbahn geschaffen werden. Neben der Oberfläche wurde auch die Begrenzung der Fahrbahn thematisiert. Viele der Interessierten sprachen sich gegen die einfache „Pollerlösung“ und für einen „Shared Space“ aus. Dieses Vorhaben bedarf einer bewussten Nutzung durch alle Passierenden und etablierte sich bereits in vielen anderen Großstädten auf dem Globus. Das Konzept könnte über den Mobilitätsgedanken, durch die Schaffung von Shared Boxes, gemeinschaftlicher Bewirtschaftung der Streuobstbäume sowie Fahrradquartiersgaragen, erweitert werden. Das benötigt aber wiederum das Engagement der Bewohner*innen des Quartiers. Durch den Wegfall der Parkplätze könnten außerdem Veranstaltungen auf dem Vorplatz stattfinden. Niklas Brandau, Projektkoordinator der Utopiastadt Campus Raumstation, könnte sich hier einen Wochenmarkt vorstellen bei dem örtliche Bauer*innen ihre Waren anbieten.
Auch das Thema der Parkplatznot im Quartier scheint in diesem Teil der Veranstaltung mitzuschwingen. Christian Hampe, Geschäftsführer der Utopiastadt gGmbH, erklärt den Besucher*innen das zukünftige Vorgehen von Utopiastadt. Klar ist, dass Utopiastadt ein Ort ist der Parkplätze benötigt. Neben der Tatsache, dass einige wenige gesetzlich vorgeschrieben sind, gilt der ehemalige Bahnhof Mirke als Zentrum und Zugang zur Norbahntrasse. Nicht-mobilen Besucher*innen darf der Zugang zu diesem Teil Wuppertals nicht durch die Abwesenheit von Parkmöglichkeiten verwehrt bleiben. Mit dem weiteren Erwerb von Flächen des Utopiastadt Campus, sollen auch Flächen erschlossen werden die zeitweilig als Quartiersparkplätze genutzt werden können. Wahrscheinlich jedoch gegen einen Obulus, um die Refinanzierung der Flächen zu sichern. Das schmerzt zwar dem/der ein oder andere*n, ist aber essentiell um die Mobilitätswende, hin zu einer grünen Fahrradstadt, voranzutreiben. Christian Hampe lobt außerdem das Engagement der vielen Lokalpolitiker*innen, die insbesondere im Quartier Mirke sehr stark vernetzt sind und gemeinsam mit den Bürger*innen einen sozial und ökologisch vertretbaren Raum schaffen. Um dieses Parkplatzproblem in den Griff zu bekommen ist neben dem Engagement von Stadt und Anwohner*innen aber außerdem ein allgemeines Umdenken von Nöten. Nur dann kann dieses Problem gemeinschaftlich gelöst werden.
Nachdem alle Gruppen ihre Ergebnisse präsentierten und einzelne Fragen im Plenum erläutert und ergänzt wurden, beendet Clara Utsch den Abend mit abschließenden Worten. Im weiteren Vorgehen werden die Ergebnisse des Abends zusammengetragen, ausformuliert und nach Möglichkeit in einem Konzeptentwurf zusammengefasst. Dieser Konzeptentwurf darf dann, bei der anschließenden Veranstaltung am 28. August, kritisch hinterfragt und auf Umsetzbarkeit geprüft werden. Erst dann ist eine Kostenschätzung möglich. Thomas Kring, Stadtverordneter der Elberfelder Nordstadt und Gast der Veranstaltung, lobt die Organisation des Abends und wird durch Beifall der Anwesenden unterstützt.
An diesem Abend wurde noch längst nichts in Stein gemeißelt. Aber es bestand die Möglichkeit die eigenen Empfindungen und Ideen in einem bürgerschaftlich-partizipativen Prozess zu äußern und somit die Entscheidung der Stadt zu beeinflussen. Auch wenn der Prozess der Entscheidung, sowie der der Umsetzung, noch in nicht greifbarer Nähe scheint, öffnete dieser Abend Türen um gemeinschaftlich einen Platz für das Quartier zu erarbeiten. Es lässt sich nur hoffen, dass durch hinreichende finanzielle Mittel möglichst viele der geäußerten Wünsche umgesetzt werden können. Auf einen Platz für das Quartier!
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