Hits im Hinterhof | Kultur sucht sich ihre Wege

Die Kultur hat es schwer unter vorherrschenden Umständen. Die anhaltende Pandemie macht es unmöglich ein Kernelement dieser zu erschaffen – das soziale Moment. Umso wichtiger ist es Kultur neue Räume zu öffnen und neuartige Wege zu finden, sie an die Menschen heranzutragen. Annette Knospe und Dr. Alexandra Rosenbohm haben vor einigen Wochen diesen Schritt im Quartier gewagt. Sie organisierten ein Hinterhofkonzert im Hinterhof der Klimaschutzsiedlung Malerstraße – „Hits im Hinterhof“. Wir wurden eingeladen vorab mit den Kulturschaffenden und Künstler*innen, Annette Knospe und Leonora, zu sprechen um mehr über ihre Motivation und ihr Erleben der vergangenen Monate zu erfahren.

(v.l.) Annette Knospe und Leonora | Foto von Wolf Sondermann

Annette Knospe macht seit 1992 Musik in Wuppertal. Sie arbeitet als Musikpädagogin, Percussionistin und Sängerin. Ihre treibenden lateinamerikanischen und afrikanischen Einflüsse in der Musik sind charakteristisch für ihr Schaffen. Leonora ist eine neunzehnjährige Singer und Songwriterin aus der benachbarten Stadt Solingen. Ihren selbstgeschriebenen Pop Songs konnte man in der Vergangenheit jedoch des öfteren schon auf den Bühnen der Talstadt lauschen. Die Zwei lernten sich auf einem Konzert in der Alten Feuerwache kennen und sind seitdem vernetzt. Außerdem steht an diesem Abend Jan Röttger auf der etwas anderen Bühne. Einer der wohl bekanntesten Singer und Songwriter Wuppertals zieht seine Zuhörerschaft mit seiner einzigartigen Stimme und den ikonischen Gitarrenklängen in seinen Bann. Leider war er zum Zeitpunkt unseres Interviews jedoch noch nicht zu gegen.

An Kulturinteressierten dürfte es nicht vorbeigegangen sein, dass sich zahlreiche Kunst- und Kulturschaffende seit Anbeginn der Pandemie zusammengeschlossen und gemeinsam neue Räume erschlossen haben. Das schaffte nicht nur neue Möglichkeiten der kulturellen Momente, sondern auch ein neuartiges Erleben dieser. Live-Streams, Radiosendungen, Podcasts, Autokonzerte und Autokinos ließen Kultur nicht in Vergessenheit geraten. Der Live-Moment, das ehrliche und nahbare vieler Kulturveranstaltungen, blieb jedoch unmöglich. „Hits im Hinterhof“ soll diesen Aspekte wieder in pandemieverträglichem Rahmen ermöglichen.

Inspiriert durch die Konzerte in den Hinterhöfen der Wuppertaler Altersheime, die Annette Knospe bereits zahlreiche Male geplant und umgesetzt hat, bringt sie das Konzept jetzt in das Quartier. Heute befinden wir uns in dem wohl schönsten Hinterhof des Quartiers – dem Hinterhof der Klimaschutzsiedlung der Malerstraße. Umgeben von zwölf weiteren Häusern mit zahlreichen Balkonen bildet er einen Raum, der sich perfekt für eine solche Veranstaltung eignet. Für die Kulturschaffenden bringt das einige Neuheiten mit sich. Statt von oben nach unten zu spielen, spielen sie von unten nach oben. Laut Leonora und Annette verändert das die Art und Weise wie Kulturschaffende und -konsument*innen miteinander interagieren und erleben. Um das Wohlwollen der Nachbar*innen nicht zu strapazieren findet das Konzert zwischen 19 und 21 Uhr statt – bisher gab es jedoch noch keine negativen Rückmeldungen. Falls Annette gemeinsam mit Alexandra weitere finanzielle Mittel akquirieren kann, soll aus „Hits im Hinterhof“ eine Reihe entstehen, die sowohl Wuppertaler Künstler*innen wieder eine erlebbar Bühne schaffen, und den Wuppertaler*innen außerdem die Möglichkeit eröffnet, Kultur in Persona zu ermöglichen.

im Interview | Foto von Wolf Sondermann

Aber wie ist es für Kulturschaffende, wenn ihnen eine solch essentielle Plattform ihres Schaffens genommen wird?
Leonora sind innerhalb der ersten Wochen der Pandemie alle Auftritte der folgenden Monate weggefallen. Inzwischen konnte sie bereits zwei mal in verschiedenen Kontexten wieder auf der Bühne stehen, vermisst aber trotz alledem den gewohnten Trubel des Live-Moments. Eine kleine Zuschauerschaft einer Geburtstagsparty können das enge Gedränge und die Atmosphäre der Kulturorte einfach nicht ersetzen. Aber heute ist es anders. Laut eigener Aussage ist sie wesentlich nervöser als sonst – vielleicht weil das auf der Bühne Stehen so lange nichtmehr möglich war. Auch Leonora hat sich Wege gesucht, ihre Musik weiterhin in den öffentlichen Raum zu tragen. Sie baute ihre Social Media Plattformen wesentlich aus und startete eine „30 Tage – 30 Cover Challenge“.

Annette geht es da nicht anders. Doch statt ihre Präsenz im medialen Raum zu stärken, sucht sie weiterhin nach Möglichkeiten den Live-Moment zu ermöglichen. Die Hinterhofkonzerte sind ein Produkt dieser Suche. Sie fühlt sich gut dabei, ihren Teil dazu beizutragen, Menschen Kultur näher zu bringen. Nicht zu wissen, wie lange der momentane Zustand noch anhält, motivierte Annette die Reihe zu starten.

im Interview | Foto von Wolf Sondermann

Jeder Mensch braucht Kultur. Sie ist das Mittel, das Menschen in unserer Gesellschaft miteinander verbindet und auf einen Nenner bringt. Umso wichtiger ist, dass auch unter den anhaltenden Zuständen barrierefreie Möglichkeiten geschaffen werden Kultur zu erleben. „Hits im Hinterhof“ stellt hierfür eine reale Alternative dar, die in Zukunft hoffentlich noch mehrmals in verschiedenen Hinterhöfen der Talstadt stattfinden wird. Falls du mehr über Leonora [Instagram], Jan [Instagram | Facebook] oder Annette erfahren möchtest, schau doch auf ihren Social Media Kanälen vorbei und freu dich auf die nächste Ausgabe von „Hits im Hinterhof“.

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