Die Wärmewende im Mirker Quartier

Die Wärmewende ist in aller Munde und birgt viel Unsicherheit. Gerade in dicht bebauten Stadtvierteln wie in der Nordstadt ist es keine einfache Aufgabe. „Pauschallösungen gibt es – noch – nicht“, sagt Paula Quentin vom Projekt Soziale Innovationen in Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung (Sinba), das im Ressort Stadtentwicklung der Stadt Wuppertal angesiedelt ist. Gemeinsam mit Leonard Schneider-Strehl vom Wuppertal Insitut war sie kürzlich in den Wiesenwerken zu Gast. Eingeladen hatte das Forum Mirke. Das Ziel: Informieren, Ideen anstoßen, vernetzen. Natürlich dürfen dabei die direkten Nachbarn vom Ölberg nicht fehlen. Dort gibt es im Ölberghub schon seit 2023 die AG Wärmewende. In Kooperation mit Sinba und den anderen Akteuren sollen hier Möglichkeiten zur Wärmeversorgung mit regenerativer Energie gefunden und im Idealfall auch getestet werden.

Die Probleme dabei sind – sowohl in der Mirke als auch am Ölberg – ähnlich: eine herausfordernde Topographie, sehr viel alter Baubestand, der zu großen Teilen unter Denkmalschutz steht, wenig Platz und auch wenig Wärmepotenzial. „Im Rahmen der Kommunalen Wärmeplanung wurde auch eine Potenzialanalyse durchgeführt, unter anderem im Bereich oberflächennahe Geothermie“, erklärt Paula Quentin. Das Problem: Die Bereiche, die viel Wärme brauchen – also unter anderem die Nordstadt – haben nur wenig davon verfügbar. Luftwärmepumpen funktionieren in diesen Vierteln nur bedingt und Solarthermie wird nicht ausreichen. „Es gibt ein Mismatch zwischen Bedarf und Potenzial, aber das bedeutet nicht, dass es gar keine Optionen gibt“, so Quentin.

Am Ölberg gibt es bereits einige Ideen, es wurden schon erste Gespräche mit Hauseigentümer:innen geführt. Jetzt wird es offizieller, die Stadt möchte eine Machbarkeitsstudie durchführen. Für die für das Projekt in Frage kommenden Häuserblocks wurde nun ein Schreiben verschickt, in dem genauere Daten über den Wärmebedarf der einzelnen Häuser mitgeteilt werden sollen. „Wir sind da auf die Mitarbeit der Eigentümer:innen angewiesen, damit die Studie auch Hand und Fuß hat“, betont Paula Quentin.

Ziel ist es, Nahwärmeinseln in einzelnen Baublocks mit bis zu 16 Immobilien zu schaffen. Fernwärme ist – sowohl topographisch als auch hinsichtlich eines Wärme-Lieferanten – kaum umsetzbar. Auch die kleinteilige Eigentümer:innenstruktur in Wuppertal macht gemeinschaftliche Lösungen schwieriger: 80 Prozent der Wohnungen in Wuppertal sind laut Zensus von 2022 im Besitz von Privatpersonen und Wohnungseigentümergemeinschaften. Es benötigt daher häufig einiges an Kommunikation und die Bereitschaft aller beteiligten Eigentümer:innen innerhalb eines Wohnblocks. „Gerade der soziale Aspekt der Nahwärmeinseln macht es aber interessant für uns als Projekt“, meint Paula Quentin. Auch Förderungen sind für solche Lösungen möglich.

Sollte eine solche Netzerschließung innerhalb eines Baublockes klappen, könnte sie vor allem auf privatem Grund errichtet werden, was den Genehmigungsaufwand verringert. „Wir wollen vermeiden, dabei öffentliche Straßen zu kreuzen“, betont Quentin. Durch die kurze Netzlänge und das gemeinschaftliche Bauen sind die Investitionskosten für alle geringer, aber auch verschiedene Betreibermodelle sind denkbar. Gleichzeitig ist es möglich, die kleinen Nahwärmeinseln mit der Zeit zu einem größeren Netz zusammenzuschließen. Wie sich das tatsächlich umsetzen lässt, soll das Projekt am Ölberg zeigen, wo man auf einen Baublock zugreifen möchte, in dem schon mehrere Eigentümer:innen Interesse bekundet haben. Paula Quentin lädt deshalb auch offensiv weitere Immobilienbesitzer:innen – gerade auch aus der Mirke – ein, auf sie zuzukommen und gemeinsam über Möglichkeiten und Interessen zu sprechen, um eine gute Lösung zu finden.

Bei dem Informationsabend ist ein Grundinteresse deutlich zu spüren, doch auch die Skepsis ist groß, denn es bleiben viele Fragen offen: Wie gut funktioniert das mit den Genehmigungen? Welche Rolle wird das Denkmalschutzamt spielen und wie viele Auflagen wird es hier geben? Wie effizient sind die alternativen Wärmeversorgungsmöglichkeiten? Was bringt eine neue Heizung, wenn die Dämmung immense Kosten verschlingt – sofern sie überhaupt möglich ist? „Wir müssen schauen, was passiert. Aufgrund der Förderung des Projektes kann ich mich noch bis 2027 von Seiten der Stadt dahinterklemmen und mithelfen, dass die Wärmewende zumindest angestoßen wird.“

Text & Fotos: Julia Nemesheimer

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