Gehwegparken – ein strukturelles Problem | Aktion Wuppertaler Mobilitätsbündnisse
Mobilität ist ein bewegendes Thema. Und so gibt es auch in der Stadt, in der die Züge bereits seit über 100 Jahren durch die Luft schweben, nach wie vor grundlegende Problematiken in Bezug auf Mobilität. Insbesondere in den Gründerzeitquartieren der Wuppertaler Nordstadt ist es gängige Praxis, das Auto zumindest teilweise auf dem Gehweg abzustellen. Ein Bündnis verschiedenen Wuppertaler Verkehrsinitiativen hat dieses Phänomen zum Anlass genommen, um auf die damit einhergehenden Einschränkungen für andere Verkehrsteilnehmer*innen hinzuweisen und die Debatte um individuelle Schuldzuweisungen auf eine strukturelle Ebene zu heben. Ich habe mich mit Inge Grau getroffen, die an der Aktion mitgewirkt hat, um von ihr mehr über die Aktion und dahinterliegende Beweggründe zu erfahren.
Inge Grau ist aus dem Mirker Quartier gar nicht wegzudenken. Als Ehrenamtler*in ist sie eine der Mitbegründer*innen der Arbeitsgruppe „Mobile Mirke“ und außerdem langjähriges Organisationsmitglied des Forum:Mirke. Gemeinsam mit weiteren Aktivist*innen vom Bündnis „Mobiles Wuppertal“, „Mobiler Ölberg“, „Mobile Mirke“ und dem „Fuß e.V.“, hat sie anlässlich des Aktionstags „Sichere Gehwege und Parken im Quartier“ eine Aktion durchgeführt, die auf die Problematik des Gehwegparkens aufmerksam machen sollte. Bewaffnet mit roten und grünen heliumgefüllten Luftballons zog die Gruppe durch ausgewählte Straßenzüge der Wuppertaler Nordstadt und verteilte die Ballons an den geparkten Autos. Rote Ballons für die Falschparkenden, grüne Ballons für die Richtigparkenden. Wer schon mal durch die Nordstadt gelaufen ist, dem dürfte das Verhältnis von roten zu grünen Ballons wohl klar sein. Gehwegparken ist hier ein enormes Problem, dass nicht nur aufgrund von Rechthaberei thematisiert wird, sondern auf Grund von massiven sicherheitsrelevanten Einschränkungen. Denn allzu oft sind Menschen mit Kinderwagen, mit Rollstühlen und Gehilfen darauf angewiesen die Fahrbahn nutzen zu müssen, um den Weg durch die Straße zu bestreiten. Auf manchen Straßen mag das evtl. kein Problem sein, auf anderen wiederum ist das grob fahrlässig. Nun könne mensch die Schuld alleine auf die womöglich egoistischen Autofahrenden schieben, die wissentlich die Sicherheit anderer Verkehrsteilnehmer*innen gefährden. Aber erstens wollten die Aktivist*innen mit ihrer Aktion keine Schuld zuschieben, sondern mit einer humorvollen Aktion Aufmerksamkeit für eine Problematik gewinnen. Zweitens ist auch jede*r Autofahrende schließlich Nutzer*in des Gehwegs und genervt von der Situation. Und drittens ist eine individuelle Schuldzuschreibung bei kollektiven Problematiken oft zu kurz gedacht. Es lohnt also ein Blick über die Verteufelung der Autofahrenden hinaus auf die Strukturen, die es überhaupt ermöglichen, dass Autofahrende diese Stellplätze nutzen. Und so landen wir schnell bei der Kommunalpolitik, der Verwaltung und den Ordnungsbehörden der Stadt Wuppertal.
Auf einem Gehweg zu parken ist grundsätzlich nicht erlaubt. Wie kann es also sein, dass es in der Wuppertaler Nordstadt gängige Praxis ist, gegen geltendes Gesetz zu verstoßen und die Verstöße letztendlich nur in exemplarischen Fällen geahndet werden? Auf diese Frage wollen die Aktivist*innen eine Antwort und sie geben sich nicht damit zufrieden, auf den mangelnden Platz verwiesen zu werden. Die Wuppertaler Nordstadt ist ein Gründerzeitquartier und ja, dementsprechend eng sind auch die Straßenzüge – aber legitimiert das die unverhältnismäßige Verteilung des öffentlichen Raums? Erst recht, wenn sie die Sicherheit der anderen Verkehrsteilnehmer*innen gefährdet?
Deswegen richten die Aktivist*innen ihren Aufruf an die Verwaltung. Es muss sich etwas an der Situation ändern. Es gibt bereits zahlreiche Beispiele und Vorschläge aus anderen Kommunen, die sich ähnlichen Gegebenheiten gestellt und sie erfolgreich überwunden haben. Dafür aber bedarf es der räumlichen Umverteilung und der Reglementierung von Räumen für den Autoverkehr. Nur so kann eine Verhältnismäßigkeit wiederhergestellt werden, die es allen Verkehrsteilnehmer*innen erlaubt, ihres alltäglichen Lebens nachzugehen. Dazu müssen Verkehrsdelikte schärfer und konsequenter geahndet, Fremdparkende aus den Quartieren in bezahlte Parkräume gedrängt und die Attraktivität öffentlicher und alternativer Verkehrsmittel gesteigert werden. All das wird nicht reichen, um die lokale Parkplatznot aus der Welt zu schaffen, aber sie wird es zumindest ermöglichen, den Gehweg zu nutzen und langfristig hoffentlich dazu führen, dass urbaner Raum durch den Abbau des motorisierten Individualverkehrs gerechter verteilt wird.
Fakt ist: Die Problematik wird sich nicht von alleine auflösen und in Zukunft nur noch schlimmer werden. 50 offizielle Parkplätze werden im Rahmen der Umbauarbeiten der (Neuen) Friedrichstraße wegfallen, und dann steht auch noch der SDE21 mit einem bisherig nicht veröffentlichen Verkehrskonzept vor der Tür. Ich ganz persönlich frage mich, wie lange die Kommunalpolitik diesen Kampf noch auf dem Rücken der schwächsten Verkehrsteilnehmer*innen austragen will. Angesichts einer überall postulierten Verkehrswende kann und darf das nicht weiterhin das unangetastete Narrativ bleiben. Autoverkehr muss reglementiert werden, um das Quartier Mirke wie auch den Ölberg zu lebenswerten Vierteln für alle zu transformieren: auch für Menschen mit Gehbehinderung, Menschen mit Kinderwagen und Menschen, die ihre Mülltonne auf die Straße stellen wollen (das sind wir übrigens alle). Wenn die Wuppertaler*innen es schafften, eine Schwebebahn zu errichten, dann werden sie es wohl auch hinbekommen, das Parkplatzproblem zu bewältigen.
Leider ist das in vielen Städten das Problem, ich verstehe auch nicht warum die Städte so eng gebaut wurden? Naja.. damit müssen wohl einige Städte leben oder wir fahren jetzt mit dem 9€ ticket rum und haben dann damit kein Problem mehr, hoffentlich.
Lg Alisa
Dagegen muss echt etwas getan werden. Alle Städte sind sehr überfüllt. Wünsche jetzt schon frohe Weihnachten.
Lieben Gruß Mia